Mission Henkelpott erfolgreich abgeschlossen
Der Pott bleibt im Norden
„Das ist gar nicht möglich, dass wir Bietigheim schlagen“, stammelte Torwarttrainer Christoph Dannigkeit fassungslos unmittelbar nachdem dem VfL Oldenburg genau dies im Finale des diesjährigen DHB-Pokals gelungen war. Mit 29:28 kämpfte das Team von Trainer Niels Bötel den großen Favoriten nieder und sicherte sich seinen vierten Pokalsieg. „Bietigheim in Stuttgart zu besiegen ist unglaublich. Die Mannschaft hat die Saison über geackert, geackert, ein Rückschlag, der nächste Rückschlag, aber wir haben uns nie beschwert und nun gehen wir als Pokalsieger nach Hause. Ich hoffe heute kriegen wir den Flieger“, strahlte ein überglücklicher Niels Bötel nach dem bisher größten Erfolg seiner Trainerkarriere. „Das war eine unglaubliche Mannschaftsleistung in den letzten beiden Tagen. Vom Außenseiter zum Überflieger und Pokalsieger“, lobt Angie Geschke ihr Team und spielt mit einem Augenzwinkern auf die flugtechnischen Probleme dieser Woche an.
Vom Start weg zeigte sich der VfL als ebenbürtiger Gegner und bot dem deutschen Vizemeister einen echten Pokalfight. Das hatten diese sich sicherlich einfacher vorgestellt. In einem zunächst torarmen Spiel wechselte die Führung mehrfach und es sollte bis zur 13. Minute dauern, bevor der Favorit beim Stande von 5:3 erstmals mit zwei Toren vorne lag. Als neun Minuten vor der Pause Bietigheim auf 10:6 davonziehen konnte, sah es ganz danach aus als ob das Spiel seinen erwarteten Verlauf nehmen würde. Aber wer auf die Körpersprache der VfLerinnen achtete konnte erahnen, dass das hier noch lange nicht durch war. Immer wieder kämpften sie sich ran und ließen nicht locker. So sah man zur Halbzeit beim Stande von 12:16 auch keine hängenden Köpfe beim VfL.
„Wir sind heiß auf das Finale“, hatte Kim Birke am Vortag noch gesagt und so kamen die Grün-Weißen auch aus der Kabine. Zwar gehörte die erste Aktion den Bietigheimern, aber nur acht Minuten später hatte der Außenseiter aus einem 12:17 eine 19:18 Führung gemacht. Nun wurde es unruhig auf Seiten des Vizemeisters. Immer häufiger konnte man sehen, dass sich die Bietigheimer Spielerin gegenseitig anmachten nach einer misslungenen Aktion. Und die häuften sich. Wie am Vortag spielten die Grün-Weißen auch heute wieder eine sehr gute Abwehr und Torhüterin Julia Renner wuchs das ein oder andere Mal über sich hinaus und zeigte Paraden der Spitzenklasse. Nicht zu Unrecht wurde sie nach dem Spiel zur besten Torhüterin des Turniers gekürt. Lautstarke Unterstützung von der Seitenlinie bekam sie dabei von Madita Kohorst. „Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten sitzenzubleiben“, sprang Madita Kohorst am Spielfeldrand trotz ihrer Knieschiene hin und her, dass einem Angst und bange um ihr lädiertes Knie wurde.
Nun entwickelte sich ein echter Pokalkrimi der die Nerven aller Beteiligten arg strapazierte. Von Beginn an unterstützten die Fans des TuS Metzingen den VfL lautstark. Spätestens als Julia Renner sieben Minuten vor dem Ende einen Siebenmeter von Angela Malestein parierte, stand die Halle geschlossen hinter dem VfL. Auch die Fans von Halbfinalgegner Bad Wildungen schlugen nun ihre Trommeln für das Team von Niels Bötel. Drei Minuten vor dem Ende konnte Jenny Behrend dann ihr Team beim Stande von 27:25 erstmals mit zwei Toren in Führung bringen.
Als Bietigheim durch Karolina Kudlacz-Gloc erneut verkürzen konnte, hatte Cara Hartstock die passende Antwort parat und so ging es mit 28:26 in die letzten zwei Minuten. Aber wieder brachte Kudlact-Gloc ihr Team auf ein Tor heran. Die letzte Spielminute sollte es in sich haben. Nachdem Angie Geschke und Angela Malestein jeweils noch einmal für ihr Team erfolgreich waren, kam der VfL fünfundzwanzig Sekunden vor dem Ende noch einmal in Ballbesitz. Während Bietigheim nun auf Manndeckung umstellte hieß es für den VfL den Ball unbedingt in den eigenen Reihen zu halten. Als auf der Uhr noch neun Sekunden standen nahm Niels Bötel noch ein letztes Mal eine Auszeit. So langsam wurde auch dem letzten klar, dass die Sensation zum greifen nah war. Und dann war es soweit. Der Jubel kannte keine Grenzen. Mit minutenlangen Standing Ovations feierten die rund 200 mitgereisten VfL-Fans ihr Team.
„Ich habe mich umgezogen, um bei einem möglichen Siebenmeterwerfen zur Verfügung zu stehen, aber ich bin heilfroh, dass es nicht dazu gekommen ist. Ich war da schon richtig nervös. Die Mädels haben das einfach super gemacht und das nach dieser nicht einfachen Saison“, herzte Isabelle Jongenelen überglücklich den Pokal.
VfL Oldenburg: Renner, Kürten - Fragge, Schilling, Kannegießer, Birke 5, Steffen, Jongenelen, Wenzl 1/1, Spur Petersen 3, Behrend 3, Geschke 9/3, Hartstock 6, Roller, Staal 2, Winter
Gelbe Karte: 1
2 Minuten: 1
Siebenmeter: 5/4
SG BBM Bietigheim: Roth, Salamakha, Wester - Biltoft, Lauenroth 2, Smeets, Ivancok, C. Woller 1, Schulze 2, Kudlacz-Gloc 9, Naidzinavicius, Hundahl 1, Loerper 5/2, F. Woller 3, Malestein 5/1
Gelbe Karte: 2
2 Minuten: 3
Siebenmeter: 4/3
Zuschauer: 2513